«Ich habe vor den letzten zwei Toren den Fernseher ausgemacht»: FCSG-Trainer Peter Zeidler über die Niederlage gegen Zürich und eine unruhige Nacht
0:4 – St.Gallens Niederlage gegen den FC Zürich wirft Fragen auf. Trainer Peter Zeidler bezieht Stellung und kritisiert den Schiedsrichter.
Christian Brägger
26.06.2020, 17.47 Uhr
Das Notprogramm der Super League ist wegen Corona gedrängt. Da es kaum Raum und Zeit gibt, Fragen an Coach wie Spieler des FC St.Gallen zum 0:4 gegen Zürich zu stellen, muss hierfür die heutige Pressekonferenz mit Peter Zeidler herhalten. Dabei war diese als Vorschau auf die Partie vom Sonntag gegen Thun gedacht.
Wie war Ihre letzte Nacht? Haben Sie sich das 0:4 tatsächlich wie angekündigt nochmals angeschaut?
Peter Zeidler: Man hat immer eine unruhige Nacht nach Spielen, sei es jetzt der Fussballer, Trainer oder Journalist. Ja, ich habe es mir angeschaut. Wenn ich ehrlich bin, habe ich vor den letzten zwei Toren den Fernseher ausgemacht. Mittlerweile habe ich auch diese gesehen.
Welche Erkenntnisse gibt es?
Das würde zu lange dauern, und es ist nicht nötig, das öffentlich zu tun. Aber ganz kurz – Punkt eins: Die ersten 30 Minuten waren sicher mit das beste von uns bisher. Punkt zwei: Standardsituationen sind wichtig. Punkt drei: Wir haben aus mehreren Gründen die schnellen Stürmer nicht so in den Griff bekommen, dass der Gegner keine Chance hatte. Nach dem 0:2 wurden die Beine schwerer, das ist auch eine Interpretationsvariante. Es ist jedenfalls ein Vorteil des hohen Rhythmus’, dass wir sofort die nächste Chance bekommen.
Die mangelnde Schnelligkeit der St.Galler fiel auf. Was könnte man dagegen tun?
Tosin ist wahnsinnig schnell. Da sind wir nicht hinterhergekommen. Wir haben Stergiou als sehr, sehr schnellen Spieler, aber es geht eben darum, diese Situationen zu verhindern. Wir müssen schnell schalten, schon im Mittelfeld, wo wir den Pass auf die Stürmer verhindern müssen. Dennoch bleiben wir entspannt, auch wenn es schlimm ist, 0:4 zu verlieren. Aber wir wollen die Relationen wahren und die Kirche im Dorf lassen.
Können solche Auftritte eine heilsame Wirkung haben?
Ja, vielleicht. Wir waren alle sehr enttäuscht, aber wir haben die Aufgabe, das abzuhaken und nach vorne zu schauen, nicht an den negativen Gedanken festzuhängen. Vielleicht gibt es die heilsame Wirkung, dass wir wieder ganz bescheiden jede Aufgabe angehen. Dass wir die Konzentration stets auch bei Standards hochhalten sowie in Kauf nehmen, nicht gleich in Führung zu gehen. Denn es ist kein gutes Gefühl, wenn der Gegner viermal allein vor unserem Goalie Zigi auftaucht.
Man sagt doch: Lieber einmal 0:4 statt viermal 0:1.
Ja, man lernt früh als Trainer, diesen Satz zu verwenden, auch bei mir war das so. Weil er sich irgendwann cool anhört. Ich will das aber jetzt nicht tun. Es war ein Spiel, das wir verdient verloren haben. Es war klar, dass wir nicht immer gewinnen können. Es gibt aber auch diesen Trainersatz: Das immer entscheidende Spiel ist, wie man nach so einer grösseren Niederlage mental und taktisch zurückkommt. Und da bin ich zuversichtlich. Aber natürlich ist Thun eine starke Mannschaft.
Gibt es die Idee, gegen Thun bereits zu rotieren?
Das habe ich nicht vor. Die Rotationsüberlegungen werden uns wohl von der Vier-Gelbe-Karten-Regel abgenommen. Fazliji konnte Kraft tanken, nun kann Ruiz Kraft tanken. Natürlich wird es ein bis zwei Änderungen geben, da handle ich nach meinem Gefühl. Schauen wir, wie es dann funktioniert.
Ist es ein Nachteil, dass die Berner Oberländer für
die Partie zwei Tage länger pausieren konnten?
Diese Diskussion wird uns die nächsten fünf Wochen beschäftigen. Aber ich weiss, dass wir physisch in Topform sind und ein Hefti, Görtler, Quintillà, Itten oder Stergiou das alles gut wegstecken werden. Es sollte bei uns also kein Thema sein. Ich sehe es mehr als Thema, dass wir nicht solche Gegentore auf Standards bekommen – oder auch die Schiedsrichter. Wir wollen grundsätzlich wenig über die Schiedsrichterleistungen sprechen. Herr Fähndrich hat eine absolut ordentliche Leistung gezeigt. Aber wir haben alle gesehen, dass es halt einfach ein Handspiel war nach einer halben Stunde von Kololli und es Elfmeter hätte geben müssen. Ich will nicht darauf herumreiten, das gleicht sich ja alles wieder aus in einer Saison. Aber vielleicht ist der Rahmen gegeben, es hier nochmals zu sagen. Beim letzten Heimspiel gab es bei Muheim ja auch einen Handspenalty, nachdem er gegen YB aus zwei Metern angeschossen worden ist.
Vladimir Petkovic sah das 0:4 vor Ort. Registrierten und schätzen Sie die Anwesenheit des Nationaltrainers?
Es ist eine Wertschätzung. Und ja, ich registrierte es. Weil nicht so viele Zuschauer da sind, sieht man den grossen Herr Petkovic sofort. Ich weiss gar nicht, ob er schon oft bei uns war. Es spricht jedenfalls für ihn und dafür, dass er seinen Job sehr ernst nimmt – aber Itten hat nicht deswegen von Anfang an gespielt.